Stressjahr 2022: Bei Aktien und Anleihen gerieten die Kurse gleichzeitig unter Druck. Wandelanleihen als Aktien-Anleihen-Hybride konnten sich dem nicht entziehen. Marc-Alexander Knieß, Portfolio-Manager im globalen Wandelanleihen-Team, sieht nach den Entwicklungen in den ersten drei Quartalen 2023 jetzt eine geänderte und grundlegend bessere Ausgangssituation.
Ein kurzer Rückblick auf 2022: Was ist Ihre Zusammenfassung?
Wandelanleihen – hybride festverzinsliche Wertpapiere, die in Aktien gewandelt werden können – können das „Beste aus zwei Welten“ liefern. Sie bieten Anlegern den Kupon der Anleihe und gleichzeitig die Möglichkeit, an den Aufwärtsbewegungen der Aktie des Unternehmens zu partizipieren.
Die Aktienmärkte taten sich im zurückliegenden Kalenderjahr bekanntlich mehr als schwer. Gleichzeitig gerieten die Anleihekurse durch die schnellen Zinsanhebungsschritte gewaltig unter Druck und konnten bei noch extrem niedrigen Kupons dem auch ertragsseitig wenig entgegensetzen. Wenn es also gleichzeitig in der Aktien- wie in der Anleihewelt schwierig wird, können sich auch Wandelanleihen dem nicht entziehen.
Und bisher im Jahr 2023: Was sticht aus Ihrer Sicht als Wandelanleiheinvestor hervor?
Zur relativ schwachen Performance trug der „natürliche“ Schwerpunkt im Universum der Wandelanleiheemittenten bei: Unternehmen, die Wachstum finanzieren wollen, oft mit dem Schwerpunkt Technologie aus dem Bereich der High Yield – Nebenwerte. Tendenziell also Sektoren und Bereiche, die durch die Zinsanhebung und Risikoaversion an den Märkten besonders unter Druck gerieten. Die zeitweise Aktienmarkterholung im laufenden Jahr war hingegen wesentlich durch MegaCaps (FAANG+) getrieben, die in der Regel keine Wandelanleihen ausgeben.
Was ist nun nach vorn hin grundlegend anders?
Ganz grundsätzlich – wir haben wieder einen Zins! Bei neu emittierten Wandelanleihen reden wir wieder über nennenswerte Kupons. Das verstärkt die Konvexität im Auszahlungsprofil von Wandelanleihen. Sie können also durch ihre Option auf Wandlung in Aktien deutlich stärker an steigenden Kursen an den Aktienmärkten teilhaben als sie von fallenden in Mitleidenschaft gezogen werden. Letztlich haben Sie, wenn Sie in Wandelanleihen investieren, jetzt wieder den Kupon bzw. die Zinszahlung, die Kursverluste abfedert und umgekehrt bei Kursgewinnen obendrauf kommt.
Zusätzlich nimmt der Primärmarkt wieder richtig Fahrt auf. Bei allgemein höherem Zinsniveau werden mehr Wandelanleihen begeben, weil Unternehmen etwas weniger Zinsen zahlen als bei einer vergleichbaren reinen Anleihe. Wir nutzen das breitere Angebot – auch um als aktiver Manager kritisch nach den weltweit attraktivsten Titeln zu selektieren.
Welche Rolle können Wandelanleihen in den Portfolios von Anlegerinnen und Anlegern heute spielen?
Anlegerinnen und Anleger müssen mehr denn je auf die Diversifikation der Risiken in ihren Portfolios achten. Durch die Aktienmarkentwicklungen der letzten Jahre haben viele eine deutliche Schlagseite mit Übergewichtung in US-Mega Caps und teils sogar Klumpenrisiken in Bezug auf bestimmte große Tech-Titel. Die Exponierung in Wachstumstiteln aus der 2. Reihe außerhalb der Mega Caps sollte dann ausgebaut werden. Die Ausgangssituation dafür ist nicht schlecht. Vielfach liegen hier historisch günstige Aktienbewertungen vor – ein deutlicher Gegensatz zu den ambitionierten Bewertungen der Titel, die zuletzt im Fokus standen und die globalen Aktienmärkte trieben. Wandelanleihen gehören als strategischer Baustein in jedes Portfolio. Im aktuellen Zinsumfeld zeichnet sie aber zusätzlich aus, dass Anlegerinnen und Anleger für das „Warten“ auf einen „automatischen“ Einstieg in eine mögliche Aufholrallye auch noch bezahlt werden. Denn die Zinserträge von Wandelanleihen stehen ihnen auf jeden Fall zu.
Auch in der Anleiheallokation eines Portfolios nehmen sie eine Sonderstellung ein. Aus unserer Sicht können sie die „besseren Unternehmensanleihen“ sein. Wer langfristig investiert und dabei grundlegend eine tendenziell positive Aktienmarktentwicklung unterstellt, kann durch die Kurspartizipation an der Aktie langfristig bessere Erträge erwarten als bei Unternehmensanleihen vergleichbarer Bonität.
Ihr Blick auf die absehbare Entwicklung von Wandelanleihen?
Wir haben die Aschenputtel-Phase hinter uns. Um im Bild zu bleiben: Der Schuh passt heute für Wandelanleihen. Wir sehen mittelfristig ein deutliches Aufholpotential von Wachstumstiteln aus der 2. Reihe. Und wir haben wieder einen Zins. Niemand weiß, ob die Zinserhöhungen noch weiter gehen. Vom gegenwärtigen Zinsniveau aus blicken wir entspannter in die Zukunft. Steigen die Zinsen, können wir Kursverluste auf der Anleiheseite mit Zinserträgen wieder besser abpuffern. Sinken sie auf absehbare Zeit wieder, sollten wir kursseitig deutlichen Rückenwind bekommen.
Sprechen Sie mit uns über Ihre Ziele. Für weitere Informationen oder persönliche Gespräche steht Ihnen unser erfahrenes Clients & Markets-Team jederzeit zur Verfügung: Tel. +49 69 365058-7000.