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leitwolfs view - Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

28.03.2023

Die Aktienrente: Besser "Generationen-" als gar kein Kapital.

Ralf Lochmüller, Gründungspartner und CEO von Lupus alpha

Nicht nur Länder wie Norwegen und Schweden, Vorreiter bei der staatlichen Aktienrente, auch mancher Bürger in Deutschland reibt sich verwundert die Augen: Im Sommer dürfte die Koalition statt einer individuell zurechenbaren Aktienrente ein „Generationenkapital“ beschließen. Dessen Erträge sollen einmal die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung stabilisieren. Wenigstens ist damit ein erster Schritt in die Kapitaldeckung getan. Gut so! Gleichzeitig muss das renditestarke Sparen in der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Vorsorge jedoch substanziell gestärkt werden. Dabei führt an Aktien kein Weg vorbei.

 

Die gesetzliche Rente wird zur großen Belastung für die heute junge Generation. In diesem Jahr sind im Bundeshaushalt 121 Mrd. Euro für sie veranschlagt, ein Viertel des Gesamtbudgets. Ändert sich nichts, stehen diesem Zuschuss aus Steuermitteln enorme Steigerungen bevor. Oder der Beitrag zur Rentenversicherung steigt extrem. Nach Berechnung des Münchener Ifo-Instituts müsste er bis zum Jahr 2050 von heute 18,6% auf dann 25% angehoben werden. Angesichts dieser Dramatik sieht der Koalitionsvertrag vor, in einem ersten Schritt aus Haushaltsmitteln 10 Mrd. Euro für den Einstieg in eine kapitalgedeckte Rentenversicherung bereitzustellen. Dieses Kapital soll in den kommenden Jahren weiter aufgestockt werden.


Die größte Unsicherheit in dieser Diskussion besteht in einem wesentlichen Aspekt: Die regelmäßige Zuführung neuen Kapitals in relevanter Höhe ist noch nicht entschieden. Nach aktuellem Stand muss sie Jahr für Jahr neu ausgehandelt werden. Die laufenden Haushaltsverhandlungen innerhalb der Bundesregierung zeigen, wie hart die Verteilungskämpfe seit Corona-Krise, Zeitenwende und grüner Transformation geworden sind. Das dürfte in Zukunft nicht besser werden.

Nur mit Aktien geht die Rechnung auf

Dennoch, die kommende Kapitaldeckung in der staatlichen Altersvorsorge ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. Er braucht allerdings lange Zeit, bis er Wirkung zeigen kann und es müssen vier wesentliche Bedingungen erfüllt sein: Erstens, die Zuführung neuen Kapitals in substanzieller Höhe muss gewährleistet sein. Zweitens, dieses Generationenkapital muss zu hundert Prozent renditestark und weit gestreut in den globalen Aktienmarkt investiert werden. Drittens, die Vergabe der Verwaltungsmandate muss in einem marktwirtschaftlichen Prozess an professionelle Asset Manager erfolgen. Und viertens, der anwachsende Kapitalstock muss zuverlässig gegen jegliche politische Begehrlichkeiten geschützt sein.

Doch selbst wenn alle vier Bedingungen erfüllt werden, kann das Generationenkapital nur ein Teil der Lösung sein. Zwischen 2025 und 2035 wechseln die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand, viele Menschen werden bis zu 30 Jahre Rente beziehen. Es bedarf also einer sehr hohen Kapitalbasis, um die im Berufsleben stehenden Beitragszahler spürbar zu entlasten. Angenommen, über 15 Jahre fließen jedes Jahr, wie jetzt diskutiert wird, 10 Mrd. Euro in das Generationenkapital.  

Diese 150 Mrd. Euro könnten sich inklusive Zins und Zinseszins bei 7% Rendite p.a. auf knapp 300 Mrd. Euro summieren. Bei gleicher Rendite kann dieser Kapitalstock die Rentenkasse um jährlich 20 Mrd. Euro entlasten. Nur: Laut Deutscher Rentenversicherung braucht es schon 17 Mrd. Euro, um den Beitrag nur um einen Prozentpunkt zu senken – die vom Ifo-Institut berechneten Beitragsanhebungen bremst dieses Vermögen kaum. Rund das sechsfache an Erträgen wäre notwendig, um den Rentenbeitrag auf heutigem Niveau zu halten.

Das Gebot der Stunde: Groß denken!

Wir müssen daher weit mehr Kapital mobilisieren, um eine wirklich spürbare Entlastung künftiger Beitragszahler zu erreichen. Dafür ist ein Bündel wirkungsvoller Maßnahmen nötig: Fließt zum Beispiel zusätzlich nur 1% des Bruttoeinkommens der Versicherten in den Generationenfonds, wächst dieser jährlich um zusätzliche 17 Mrd. Euro. Auch wäre es initial durchaus vertretbar und wünschenswert, die Erstausstattung mit Kapital um ohnehin vorhandenes Bundesvermögen aufzustocken. Die Beteiligung an der Deutsche Post AG war bereits im Gespräch, ihr zunächst hoher Anteil am Generationenkapital würde sich schnell relativieren. Selbst ein „Sondervermögen Generationenkapital“ im Volumen von 100 Mrd. Euro ist kein völlig abwegiger Gedanke. Erstens, weil sich der deutsche Staat günstiger verschulden kann als die langfristig zu erwartende Kapitalmarktrendite. Und zweitens, weil die Bewertungen an den Aktienmärkten derzeit vergleichsweise attraktiv sind. Die Devise muss lauten: Groß denken!

Neben der Höhe des staatlichen Vorsorgekapitals ist die Investition in Aktien Dreh- und Angelpunkt beim Aufbau eines hinreichend großen Kapitalstocks. Dafür müssen die in der Politik weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber der Aktienanlage überwunden werden. Die Bevölkerung ist hier schon sehr viel weiter: Besaßen vor zehn Jahren gerade einmal 8,9 Millionen Menschen in Deutschland Aktien und Aktienfonds, sind es heute 12,9 Millionen. Der weitaus größte Teil der Neu-Aktionäre ist jünger als 30 und der Anteil der Frauen ist auf ein Drittel gewachsen, Tendenz stark steigend. Jetzt wäre die Zeit, dieses Momentum für die Aktie zu nutzen, statt es immer wieder auszubremsen.

Es braucht drei starke Säulen

Wie auch immer die Einigung in der Koalition aussehen wird – unter den gegebenen Vorzeichen ist nicht zu erwarten, dass das künftige Generationenkapital das Problem der Rentenfinanzierung über seinen begrenzten Beitrag hinaus auch nur ansatzweise lösen wird. Es braucht zugleich mehr Dynamik in den beiden ergänzenden Säulen der Alterssicherung, der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und der privaten Altersvorsorge. Über 20 Millionen Beschäftigte besitzen eine aktive bAV-Anwartschaft, eine gute aber deutlich ausbaufähige Zahl. Auch in der Regulierung liegt viel Potenzial: Garantien, ein enges Korsett von Anlagerichtlinien und eine zu kurzfristig ausgerichtete Risiko-Methodik sind einer notwendig hohen Rendite wenig zuträglich. Und auch die eigenverantwortliche private Altersvorsorge ist weiter zu fördern. Erst Anfang des Jahres hat die Bundesregierung eine „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ ins Leben gerufen, in der die Verbände aller relevanten Interessengruppen an einer Nachfolgelösung für die Riester-Rente arbeiten. Es ist zu hoffen, dass künftig stärker als bisher attraktive Anreize für ein langfristiges, renditeorientiertes Sparen für die Altersvorsorge gesetzt werden. 

Die Altersvorsorge generationenfest zu machen ist eine Jahrhundertaufgabe. Für die Bewältigung des demographischen Wandels muss an vielen Stellschrauben gedreht werden - und zwar jetzt! Zu den wichtigsten gehören die Einführung einer Kapitaldeckung in der staatlichen Rente, die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und die Förderung der privaten Altersvorsorge. Alle drei verbindet die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Aufgeschlossenheit gegenüber der Aktie. Andere Länder wie Schweden und Norwegen zeigen, wie es funktionieren kann. Es ist an der Zeit, ihren guten Beispielen mit Entschlossenheit zu folgen.

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