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leitwolfs view- Kolumne von Lupus alpha

Lupus alpha

26.06.2023

Warum sich KI-Fonds nicht für den Vermögensaufbau eignen

Seit der Chatbot ChatGPT im vergangenen Winter der breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde, ist ein regelrechter Hype um das Thema Künstliche Intelligenz an den Börsen ausgebrochen. Aktienfonds, die in Künstliche Intelligenz investieren, erfreuen sich zunehmend großer Beliebtheit. Doch wie bei allen Themenfonds ist Vorsicht geboten! Was sich aus Marketingsicht gut verkaufen lässt, nützt nicht unbedingt dem Anleger.

Ralf Lochmüller, Gründungspartner und CEO von Lupus alpha

 

 

Zugegeben, es ist erstaunlich, was die Technologie von ChatGPT bereits alles leistet. Der Chatbot beantwortet Fragen aller Art, lässt sich als (werbefreie!) Suchmaschine einsetzen, liefert binnen Sekunden eine Zusammenfassung eines mehrere hundert Seiten starken Buches, schreibt kreative Texte und – bei Schülerinnen und Schülern sehr beliebt – unterstützt bei den Hausaufgaben. Wenn auch die Ergebnisse oft noch fehlerhaft oder unvollständig sind, so dürfte inzwischen jedem klar geworden sein, dass KI sämtliche Bereiche unseres Lebens verändern, zumindest aber beeinflussen wird.

Schaut man auf den Börsen-Hype, den Unternehmen derzeit erleben, die in KI investieren oder von ihr profitieren, so scheint auch der Großteil der Anleger davon auszugehen, dass KI nach dem Internet "the next big thing" ist. KI-Fonds verzeichnen seit Jahresbeginn weltweit hohe Zuflüsse. Rund 2 Milliarden US-Dollar sind dem Fondssegment mit Fokus auf KI, Automation und Robotik, das auf rund 50 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, per Ende Mai netto zugeflossen. Allein das Volumen des weltweit größten ETFs im Bereich KI, des Global X Robotics & Artificial Intelligence ETF, ist netto um rund 400 Millionen US-Dollar seit Jahresbeginn gestiegen.

Klingt nach einer Erfolgsgeschichte. Aber erfüllen KI-Fonds auch langfristig die Erwartungen der Anleger? Aus den folgenden Gründen sehe ich Themenfonds-Konzepte wie diese kritisch:

 

Gutes Thema heißt nicht unbedingt gute Performance

Anleger wollen bei Themenfonds natürlich auf das richtige Thema setzen. Richtig heißt in diesem Fall, dass das Thema Wachstumspotenzial besitzt sowie eine gute Performance erwarten lässt – so, wie es die Marketingabteilungen der Fondsgesellschaften für die Zukunft versprechen. Das Problem ist allerdings, dass man nicht mit Sicherheit weiß, welches Thema, das heißt welche Technologie oder Innovation, sich in Zukunft durchsetzen wird. Dass dabei viel Schaden entstehen kann, zeigt etwa das Beispiel der Telemedien-Fonds in den 2000er Jahren. Natürlich hat sich das Internet durchgesetzt und ist heute nicht mehr wegzudenken. Konnte man aber daher mit den ersten Internetwerten eine gute Performance erzielen? Haben nicht die meisten Anleger mit Fonds, die hohe Gewichte in Cisco Systems, der Deutschen Telekom oder TelDaFax hatten, nichts als Verluste eingefahren? Wie sich KI-Aktien und damit KI-Fonds weiterentwickeln, auch wenn sich KI als Schlüsseltechnologie durchsetzen wird, bleibt demnach abzuwarten.

 

Das Potenzial von Themenfonds ist oft ausgereizt

Neben der Schwierigkeit, das richtige Thema zu identifizieren, haben Themenfonds ein weiteres Kernproblem: Die Fonds kommen häufig erst dann an den Markt, wenn das Thema schon die beste Performance hinter sich hat. So sind Themenfonds zwar oft ein gutes Geschäft für die Anbieter, nicht aber für die Anleger. In den Jahren 2020 und 2021 hat sich das weltweit in Themenfonds verwaltete Vermögen zum Beispiel auf 896 Milliarden US-Dollar verdreifacht. Doch über 15 Jahre betrachtet konnte nicht einmal jedes zehnte Konzept die Performance globaler Aktien schlagen. Angesichts des aktuellen Börsen-Hypes muss auch bei KI-Fonds die kritische Frage erlaubt sein, ob diese ihr Potenzial bereits ausgereizt haben.

 

Achtung, Klumpenrisiken!

Themenfonds bieten oft keine ausreichende Diversifikation, da es sich in der Regel um konzentrierte Portfolios handelt, in denen alle Aktien von denselben Treibern abhängen. Häufig sind besonders prominente Einzelwerte dazu noch hoch gewichtet und dominieren das Portfolio. Bei Fonds mit Fokus auf KI bzw. Automation & Robotik sind zum Beispiel Nvidia, Amazon, Meta, Tesla, Microsoft oder Omron besonders häufig unter den Top 10 Holdings zu finden. Diese Klumpenrisiken bemerkt man leider immer erst dann, wenn einem der Klumpen schwer um den Hals hängt und unaufhaltsam in die Tiefe zieht. Solcher Risiken sollte man sich daher sehr bewusst sein.

 

Megatrends führen zu hohen Bewertungen

Ein weiterer Aspekt ist die häufig höhere Bewertung von Aktien, die einem gerade angesagten Thema wie KI zuzuordnen sind. Laut Morningstar sind über 70 Prozent der Themenfonds dem Stilsegment Growth zuzuordnen, weil sie einen Schwerpunkt im Technologiebereich haben. Im Vergleich zu breit angelegten Indizes und Anlagestrategien hat das systematisch höhere Bewertungen zur Folge. Eine aktuelle Analyse von Goldman Sachs zeigt, dass das Indexniveau des S&P 500 zukünftig deutlich steigen wird, da die erwarteten Effizienzgewinne durch KI von den Anlegern eingepreist werden, auch wenn der Zeitpunkt und die Fähigkeit der Unternehmen, aus KI zunehmend Gewinne zu erzielen, noch unsicher sind. Auf Indexebene liegen die Gewinnerwartungen der Anleger noch etwa im historischen Durchschnitt, so die Analyse, auf Aktienebene ist die aktuelle Bewertung der größten KI-Begünstigten wie Nvidia jedoch bereits ähnlich hoch wie die einiger Dotcom-Boom-Begünstigter in den 2000er Jahren.

 

Mehr Schein als Sein

Dadurch, dass Themenfonds aus der Vogelperspektive auf alle Unternehmen schauen, die für ein Thema stehen, finden sich in den Fonds auch solche Unternehmen, die sich nur das passende „Themenkleid“ angezogen haben. Dabei besteht die Gefahr, die Schwäche eines kurzlebigen Geschäftsmodells, eines schlechten Managements oder eines unausgereiften Produktes zu übersehen, weil das Unternehmen ja so gut in die Gesamtkomposition des Themas passt. Schlechte Qualität zu akzeptieren, hat sich performancemäßig allerdings noch immer bitter gerächt. Auch wenn ein Thema gesellschaftlich relevant ist, muss das einzelne Geschäftsmodell überzeugen – egal wie schön die Verpackung ist.

 

Viele Themenfonds haben eine kurze Lebensdauer

Nach einer Untersuchung von Morningstar wurden, global betrachtet, beinahe 80 Prozent aller Themenfonds innerhalb von 15 Jahren wieder geschlossen, jeder Dritte feierte nicht einmal seinen fünften Geburtstag. Ein Beweis dafür, dass diese Konzepte langfristig nicht überzeugen. Enttäuschte Anleger ziehen ihre Gelder rasch wieder ab, wodurch die Fonds schnell zu klein und unrentabel für die anbietenden Fondsgesellschaften sind. Diese Fondsschließungen bringen Langfristanleger dann nicht selten in die Situation, Verluste realisieren zu müssen, was ihrem langfristigen Vermögensaufbau vollends zuwiderläuft.

 

Breit aufgestellte Aktienfonds bieten mehr Chancen und weniger Risiken

Um die Risiken bei der Konzentration auf ein einzelnes Thema zu vermeiden, sollten Anleger lieber einen breiten Ansatz wählen. Geeignet sind dafür Aktienfonds, die aus einem sehr großen Universum – häufig mit mehreren tausend Aktien – auswählen können, wie es für Small- und Mid Cap-Universen in den USA, Asien und Europa typisch ist. In jedem Small- und Mid Cap-Fonds sind die wichtigsten Zukunftsthemen durch Einzelwerte enthalten, häufig auch Vorreiter und Profiteure von Megatrends wie KI. In Europa sind dies zum Beispiel der Schweizer Chipindustrie-Zulieferer Comet, das in der Wirkstoffforschung tätige, deutsche Unternehmen Evotec oder der italienische IT-Dienstleister Reply.

Mit einem breit aufgestellten Small- & Mid Cap-Fonds kann der Investor die Qualität langfristig erfolgreicher Geschäftsmodelle in den Mittelpunkt stellen, ohne sich auf ein Thema beschränken zu müssen. Im Gegenteil, die Vielfalt an Branchen und Themen in diesem Segment bietet ein hohes Potenzial für eine ausreichende Diversifikation und damit höhere Chancen. Was dabei für den Investor herauskommt: Über 20 Jahre betrachtet konnten Nebenwerte in Europa (STOXX Europe TMI Small Net Return Index, per 31.12.2022) eine annualisierte Performance von 9,87 Prozent liefern.

 

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